Katharina Winand, Rechtsanwältin

Expertin für Unternehmensnachfolge Katharina Winand über Erbrecht und Pflichtteil (Teil 1): Pflichtteil einfordern – Das müssen Sie wissen!

Was muss ich beachten, wenn ich den Pflichtteil geltend mache 

Das Pflichtteilsrecht betrifft zwei Personengruppen mit genau gegenteiligen Interessen. Zum einen den nahen Verwandten, der in einem Testament nicht bedacht wurde. Zum anderen den Erben, der sich mit Pflichtteilsansprüchen konfrontiert sieht.

Die große Gemeinsamkeit ist, dass der Informationsstand entscheidend ist.

Mit Ausnahme dieser Gemeinsamkeit sind die Herangehensweise und die taktischen Überlegungen jedoch vollkommen konträr. Daher informieren wir in zwei Artikeln über das Wichtigste im Pflichtteilsrecht.

Dieser 1. Teil ist dem Pflichtteilsberechtigten gewidmet:

Was ist der Pflichtteil?

Der Pflichtteil ist eine Mindestbeteiligung am Nachlass. Diese wird einem Pflichtteilsberechtigten von Gesetzes wegen garantiert. Der Pflichtteil kann einem daher auch nur in sehr seltenen Ausnahmefällen entzogen werden.

Wer ist pflichtteilsberechtigt?

Ein Anspruch auf einen Pflichtteil besteht unter zwei Voraussetzungen:

Als erstes steht der Pflichtteil nach dem Gesetz nur engen Angehörigen des Erblassers zu. Eng angehörig und damit pflichtteilsberechtigt sind dabei Eheleute und die sogenannten „Abkömmlinge“, d.h. die Kinder und Kindeskinder des Verstorbenen. Enkel oder gar Urenkel des Verstorbenen sind nur pflichtteilsberechtigt, wenn die Generationen zwischen Ihnen und dem Erblasser bereits vorverstorben sind. Bei einem kinderlosen Erblasser steht auch dessen Eltern ein Pflichtteil zu. Geschwister oder Stiefkinder – es sei denn, sie sind adoptiert –  haben keinen Anspruch auf einen Pflichtteil.

Als zweites muss man nach dem Testament des Erblassers von der Erbfolge ausgeschlossen sein. Eine ausdrückliche „Enterbung“ muss dabei nicht erfolgen. Es ist ausreichend, wenn man nicht als Erbe aufgeführt ist. Hiervon gibt es aber Ausnahmen. So kann eine Pflichtteilsberechtigung unter gewissen Umständen auch dann bestehen, wenn man ein Erbe ausgeschlagen hat.

Wie hoch ist der Pflichtteil?

Der Pflichtteil besteht in Höhe der Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Der gesetzliche Erbteil wird im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) festgelegt. Diese Regelungen gelten eigentlich nur, wenn der Erblasser kein Testament hinterlassen hat. Sie werden aber auch zur Berechnung der Pflichtteilsquote herangezogen. Die Berechnung kann in manchen Fällen sehr kompliziert sein, weshalb auf Einzelheiten an dieser Stelle verzichtet wird. Ergibt sich aber zum Beispiel hiernach, dass man ohne das Testament gesetzlicher Erbe zu 1/4 geworden wäre, so beläuft sich die Pflichtteilsquote auf 1/8.

Woraus setzt sich die Erbschaft zusammen?

Der Nachlass ist eine Rechengröße, die sich aus dem Wert des Nachlasses zum Zeitpunkt des Todes und dem sogenannten fiktiven Nachlass zusammensetzt.

Der Wert des Nachlasses zum Todeszeitpunkt sind sämtliche Vermögenswerte des Erblassers (Girokonten, Immobilien, Antiquitäten etc.) abzüglich der Verbindlichkeiten des Erblassers (ausstehende Rechnungen, Begräbniskosten etc.).

Der Begriff „fiktiver Nachlass“ beinhaltet Schenkungen des Erblassers, die dieser zu Lebzeiten getätigt hat. Diese Schenkungen können zu so genannten Pflichtteilsergänzungsansprüchen führen und damit den Zahlungsanspruch gegenüber dem Nachlass weiter erhöhen. Schenkungen zu Geburtstagen, Hochzeiten etc. bleiben dabei außer Betracht, wenn sie nicht unangemessen hoch ausfallen. Auch werden in der Regel diejenigen Schenkungen nicht berücksichtigt, die mehr als zehn Jahre vor dem Versterben gemacht wurden. Ob und in welcher Höhe derartige Schenkungen zu beachten sind, hängt von mehreren Faktoren, wie unter anderem dem Zeitpunkt und der Person des Beschenkten ab.

Wie erfahre ich, was zum Nachlass gehört?

Die Antwort auf diese Frage ist ungewöhnlich einfach: sie dürfen den Erben fragen und dieser muss Ihnen antworten.

Die Erben sind zur Erstellung eines geordneten Verzeichnisses verpflichtet, in dem die einzelnen Nachlassgegenstände aufgeführt sind. Auf Nachfrage muss hinsichtlich einzelner Nachlassgegenstände auch der Wert durch den Erben ermittelt werden. Ebenfalls haben Sie ein Anrecht darauf, zu erfahren, wann und an wen der Erblasser Schenkungen gemacht hat.

Sollten Sie diesen Angaben der Erben nicht recht glauben wollen, so können Sie eine Versicherung an Eides statt fordern. Erhöht auch dies ihren Glauben an die Richtigkeit der Angaben nicht, so kann auf Kosten des Nachlasses die Hinzuziehung eines Notars verlangt werden. Letztendlich verbleibt der Klageweg. Das Risiko, am Ende des Tages auf den Kosten hierfür sitzen zu bleiben, ist dabei für den Pflichtteilsberechtigten regelmäßig eher gering.

Worauf sollte ich besonders achten?

Der Pflichtteilsanspruch wird durch Ausbezahlung eines Geldbetrages erfüllt. Die Höhe dieses Geldbetrages wird wesentlich von den beschafften Informationen und deren Bewertung abhängen. Die Erben müssen Ihnen aber nur die Informationen geben, nach denen sie auch gefragt werden.

Um die Ihnen zustehenden Beteiligung am Nachlass auch tatsächlich zu erhalten, sollten Sie Ihren Fokus auf die gesetzlich geregelten Auskunfts- und Wertermittlungsansprüche legen:

– Machen Sie sämtliche ihnen zustehenden Auskunftsansprüche geltend und formulieren Sie diese so präzise wie möglich;

– Fragen Sie nach, wenn Sie ausweichende oder unklare Rückantworten erhalten

– Setzen Sie Ihre Ansprüche auf Wertermittlung, auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung und/oder Hinzuziehung eines Notars taktisch sinnvoll ein.

 

Für Rückfragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung: Katharina Winand, Rechtsanwältin, winand(at)hennef-anwalt.de

Nachweisgesetz

Das neue Nachweisgesetz

Seit dem 01.08.2022 gilt das neue Nachweisgesetz, welches jeder Arbeitgeber kennen sollte. Grundsätzlich gibt es das Nachweisgesetz schon seit Jahren, es wurde erst aber geändert und erweitert, insbesondere um einen Bußgeldtatbestand. Wenn ein Unternehmer die wesentlichen Arbeitsbedingungen von Mitarbeitenden nicht ordnungsgemäß in Schriftform niederlegt, kann dies zu einer Geldbuße bis zu jeweils 2.000,00 € geahndet werden.

Das neue Nachweisgesetz – wichtige Hinweise für Arbeitsverträge

Arbeitsverträge sind demnach immer schriftlich zu begründen und zumindest sind folgende Vertragsbedingungen verpflichtend schriftlich festzuhalten:

  • Das Enddatum bei befristeten Arbeitsverhältnissen;
  • Die Möglichkeit, dass die Mitarbeitenden ihren jeweiligen Arbeitsort frei wählen können, sofern vereinbart;
  • Die Dauer der Probezeit, sofern vereinbart;
  • Die Vergütung von Überstunden;
  • Die Fälligkeit des Arbeitsentgelts und die Form, in der das Arbeitsentgelt ausgezahlt wird;
  • Die vereinbarten Ruhepausen und Ruhezeiten sowie bei vereinbarter Schichtarbeit das Schichtsystem, der Schichtrhythmus und die Voraussetzungen für die Schichtänderungen;
  • Die Einzelheiten zur Arbeit auf Abruf, falls diese vereinbart ist;
  • Die Möglichkeit der Anordnung von Überstunden und deren Voraussetzungen;
  • Ein etwaiger Anspruch auf vom Arbeitgeber bereitgestellte Fortbildung;
  • Sofern eine betriebliche Altersversorgung gewährt wird, muss Name und Anschrift des Versorgungsträgers angegeben werden;
  • Die Regelungen zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses, hier mindestens das Schriftformerfordernis und die Fristen für die Kündigung sowie die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage müssen festgehalten werden;
  • Hinweis auf anwendbare Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen müssen aufgenommen werden.

Wichtig zu wissen beim neuen Nachweisgesetz

Arbeitsverträge, die vor dem 01.08.2022 geschlossen wurden, müssen dann geändert werden, wenn der Arbeitnehmer dazu auffordert. Wenn ein Arbeitnehmer dies verlangt, so ist ihm spätestens am siebten Tag nach Zugang der Aufforderung die Niederschrift mit den Angaben auszuhändigen. Bei Arbeitsverträgen, ab dem 01.08.2022 neu abgeschlossen werden, sollten neue Vertragsmuster erstellt werden und die neuen erweiterten Vorgaben des Nachweisgesetzes geprüft und ergänzt werden.

Sollten Sie hierzu Fragen haben oder Hilfe bei der Erstellung der Arbeitsverträge benötigen, stehen wir Ihnen sehr gerne zur Verfügung.

Katharina Winand, Rechtsanwältin,

Die Pandemie bringt es mit sich, dass sich mehr Betriebe aufgrund von Umsatzausfällen mit dem Thema „betriebsbedingte Kündigungen“ auseinandersetzen müssen.

Folgendes sollten Sie als Arbeitgeber eines Betriebes dazu wissen.

KSchG ist ab zehn Mitarbeitern anzuwenden

Bei Betrieben mit mehr als zehn Arbeitnehmern ist das KSchG anzuwenden. Ob Sie in Ihrem Betrieb mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigen, richtet sich nicht nach der Zahl der Köpfe, sondern nach den Wochenstunden der Beschäftigung eines einzelnen Mitarbeiters.

  • mit dem Faktor 0,50 bei einer Arbeitszeit bis einschließlich 20 Stunden proWoche,
  • mit dem Faktor 0,75 bei einer Arbeitszeit bis einschließlich 30 Stunden proWoche,
  • mit dem Faktor 1,0 bei einer Arbeitszeit von über 30 Stunden pro Woche.

Wann sind betriebsbedingte Kündigungen zulässig?

Greift das Kündigungsschutzgesetz (siehe oben), ist eine betriebsbedingte Kündigung nur zulässig, wenn

  • dringende betriebliche Erfordernisse einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu gleichen oder anderen Arbeitsbedingungen entgegenstehen,
  • der betroffene Arbeitnehmer von allen vergleichbaren Arbeitnehmern der am wenigsten sozial Schutzwürdige ist und
  • auch eine umfassende Interessenabwägung nach ordnungsgemäßer Sozialauswahl nicht ausnahmsweise zu einem Überwiegen des Interesses des Arbeitnehmers an der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses gegenüber dem Interesse des Arbeitgebers an dessen Beendigung führt. 

Dringende betriebliche Erfordernisse

Das Vorliegen dringlicher betrieblicher Erfordernisse bedarf  einer bewussten Entscheidung des Unternehmers, den bisherigen Arbeitskräftebedarf insgesamt zu verringern. Diese Entscheidung kann auf unterschiedlichen Motiven beruhen, z. B. auf einer stetig rückläufigen Nachfrage oder beispielsweise auf der zuvor getroffenen Entscheidung, bestimmte Tätigkeiten zukünftig auszulagern und von Drittunternehmen ausführen zu lassen.

Arbeitsgerichte überprüfen die Unternehmerentscheidung im Streitfall nicht auf ihre wirtschaftliche Vernünftigkeit. Es findet nur eine eingeschränkte Prüfung statt: Lediglich unsachliche oder willkürliche Unternehmerentscheidungen werden von den Arbeitsgerichten verworfen. In einem eventuellen Kündigungsschutzprozess muss der Arbeitgeber deutlich machen, dass für die Tätigkeit des gekündigten Arbeitnehmers kein Bedarf mehr besteht.

Durchführung einer sozialen Auswahl

Liegt ein betriebsbedingter Kündigungsgrund vor, muss der Arbeitgeber eine soziale Auswahl zwischen vergleichbaren Arbeitnehmern durchführen, da er nur den Arbeitnehmer entlassen darf, der am wenigsten sozial schutzwürdig ist. Miteinander vergleichbare Arbeitnehmer sind solche, die aufgrund ihres Arbeitsvertrages die gleiche Tätigkeit ausüben könnten, also untereinander austauschbar sind. Maßgebend sind die Regelungen im Arbeitsvertrag sowie die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit der in Betracht kommenden Arbeitnehmer.

Gerade die ordnungsgemäße Durchführung der Sozialauswahl führt häufig zu Schwierigkeiten. Zögern Sie deshalb nicht, uns bei Rückfragen hierzu anzurufen.

 

Ihre

Katharina Winand

Rechtsanwältin

Das Berliner Testament ist ein gemeinschaftliches Testament von Eheleuten, in dem sie gemeinsame erbrechtliche Verfügungen von Todes wegen treffen mit dem Ziel, dass das gemeinsame Vermögen zunächst auf den überlebendenEhegatten und nach dessen Ableben auf einen / mehrere gemeinsam bestimmte Dritte übergehen soll. Hieraus folgt steuerlich:

  1. Das Gesamtvermögen des verstorbenen Ehegatten geht auf den überlebenden Ehegatten über mit der Folge, dass erbschaftsteuerlich der Erbe den Wert des Gesamtvermögens als erbschaftsteuerlichen Erwerb versteuern muss.
  2. Freibetragsmäßig steht dem überlebenden Ehegatten
    • ein persönlicher Freibetrag von 500.000,- Euro (§ 16 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) und
    • ein besonderer Freibetrag von 250.000,- Euro (§ 17 ErbStG)

zu

  1. Die persönlichen Freibeträge der Kinder in Höhe von je 400.000,- Euro pro Kind bezogen auf das Erbe des erstverstorbenen Elternteils können mangels Erbe nicht geltend gemacht werden.

Folge ist:

  1. Je nach Höhe des Erbes des Erstverstorbenen sind die Freibeträge des Erben nicht ausreichend mit der Folge einer erbschaftsteuerlichen Belastung.
  2. Beim Tode des überlebenden Ehegatten geht sein Eigenvermögen und das Erbvermögen des Ehegatten nach Abzug der Steuerbelastung wertmäßig kumuliert auf den / die Schluss-Erben über. Sofern das Erbvermögen deren Freibeträge übersteigt, erfolgt eine erneute Besteuerung.
  3. Vermeidung steuerlicher Nachteile durch
    • Ergänzung des Berliner Testamentes durch Vermächtnisklausel zugunsten der Kinder
    • Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen (einvernehmlich) durch die Kinder (nicht möglich bei Pflichtteilsverzicht / Ausschlussklausel – vgl. unseren Blog „Berliner Testament und Pflichtteil).

Erbschaft ist eines unserer Schwerpunkt-Themen in der Rechts- wie auch der Steuerberatung. Sie haben Fragen dazu? Schreiben Sie uns gerne an oder rufen uns an: 02242 913730

Kinderkrankengeld

Homeoffice und Kinderbetreuung nebenbei: In Zeiten der Coronakrise wird das für viele Arbeitnehmer zum Regelfall – jetzt werden Kinderkrankentage für 2021 erhöht.

Erhöhung der Kinderkrankentage für Arbeitnehmer

Die Kinderkrankentage werden für das Jahr 2021 erhöht. Pro Kind stehen demnach jedem Elternteil statt wie bisher 10 nunmehr 20 Kinderkrankentage zur Verfügung, Alleinerziehenden 40 statt bisher 20 Tage. Bei mehreren Kindern hat jeder Elternteil insgesamt einen Anspruch auf maximal 45 Arbeitstage. Für Alleinerziehende erhöht sich der Anspruch auf maximal 90 Arbeitstage.

Dieser Anspruch gilt nicht nur bei Krankheit des Kindes, sondern auch, wenn Kitas und Schulen pandemiebedingt geschlossen sind oder die Betreuung eingeschränkt ist. Die geänderte Regelung ist rückwirkend zum 05.01.2021 in Kraft getreten und soll berufstätige Eltern bei der Betreuung ihrer Kinder entlasten.

Arbeitnehmer können den Anspruch auf Kinderkrankentage auch an ihren Ehepartner abgebenjedoch nur mit Zustimmung des Arbeitgebers!

Nur in diesen Fällen gibt es Kinderkrankengeld

Voraussetzungen für den Erhalt von Kinderkrankengeld ist, dass

  • sowohl der betroffene Elternteil als auch das Kind gesetzlich krankenversichert sind,
  • das Kind das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder aufgrund einer Behinderung auf Hilfe angewiesen ist,
  • keine andere im Haushalt lebende Person das Kind beaufsichtigen kann.
  • Keinen Anspruch haben privat versicherte Arbeitnehmer, geringfügig Beschäftigte und gesetzlich versicherte Arbeitnehmer, deren Kind beim privat versicherten Elternteil versichert ist.

Anspruchsberechtigt sind auch Eltern, die im Homeoffice arbeiten könnten.

Versicherte müssen als Nachweis den Krankenschein oder eine Bescheinigung, dass wegen geschlossener Schule oder Kita ein Betreuungsbedarf besteht, bei ihrer Krankenkasse einreichen.

Zur Berechnung des Kinderkrankengelds muss der Arbeitgeber der Krankenkasse eine Entgeltbescheinigung erstellen.

 

Bei Rückfragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Katharina Winand, Rechtsanwältin

Kann ich als Unternehmer aufgrund der aktuellen CORONA-PANDEMIE ohne Weiteres Mitarbeiter kündigen?

Viele Betriebe sehen sich in der aktuellen Pandemiezeit genötigt, wegen Umsatzverlusten Personal zu reduzieren. In solchen Fällen reicht allein ein Hinweis auf „Corona“ bzw. einen aufgrund der Pandemie gesunkenen Umsatz oder eine gesunkene Beschäftigung allerdings nach jüngsten Gerichtsurteilen nicht aus.

  1. Gesunkener Beschäftigungsbedarf als Kündigungsgrund

In einer der Entscheidungen stellte das Arbeitsgericht Berlin fest, dass der Arbeitgeber anhand seiner Auftrags- und Personalplanung im Einzelnen darstellen muss, warum nicht nur eine kurzfristige Auftragsschwankung vorliegt, sondern ein dauerhafter Auftragsrückgang zu erwarten ist. Wird im Betrieb Kurzarbeit geleistet, spricht dies gegen einen dauerhaft gesunkenen Beschäftigungsbedarf (ArbG Berlin vom 05.11.2020, Az. 38 Ca 4569/20).

  1. Umsatzrückgang als Kündigungsgrund

In weiteren Entscheidungen sagte das Gericht, dass die Erklärung, es habe einen starken Umsatzrückgang gegeben und man habe nicht anders auf denselben reagieren können, als eine Anzahl von Kündigungen auszusprechen, keine ausreichende Begründung zur Rechtfertigung einer betriebsbedingten Kündigung sei (ArbG Berlin vom 25.08.2020, Az. 34 Ca 6664/20, 34 Ca 6667/20, 34 Ca 6668/20).

Es muss also – wie allgemein bei betriebsbedingten Kündigungen notwendig – dargelegt und im Streitfall auch bewiesen werden, welche genauen Auswirkungen die Krise auf den Umsatz des Unternehmens hat. Sodann muss geprüft werden, ob alle milderen Mittel ausgeschöpft wurden, um Entlassungen zu vermeiden. Und wenn diese Hürde übersprungen ist, muss auch noch die Sozialauswahl bei den auszusprechenden Kündigungen beachtet werden.

  1. Homeoffice kann Arbeitnehmer vor Arbeitsortswechsel „retten“

Wenn Arbeitnehmer auf einen anderen Arbeitsplatz dauerhaft versetzt werden, muss dies im Wege der Änderungskündigung erfolgen, sofern keine Zuweisung auf die anderen Arbeitsorte arbeitsvertraglich bereits festgelegt ist.

Eine solche Änderungskündigung ist nun sogar noch erschwert: Das Arbeitsgericht Berlin stellte in einem Verfahren Folgendes fest: Auch wenn kein allgemeiner Anspruch auf eine Tätigkeit im Homeoffice bestehe, könne die mögliche Arbeit von zu Hause aus bei vorhandenen technischen Voraussetzungen einer Änderungskündigung zur Zuweisung eines anderen Arbeitsorts entgegenstehen.

Die stärkere Verbreitung des Arbeitens im Homeoffice aufgrund der Pandemie zeige, dass Arbeiten von zu Hause aus möglich sei. Gegen die Entscheidung wurde die Berufung beim LAG Berlin-Brandenburg eingelegt (ArbG Berlin 10.8.20, 19 Ca 13189/19).

 

Es bleibt also auch in Zeiten der Pandemie schwierig, Entlassungen oder Änderungskündigungen ohne Weiteres einfach vorzunehmen.

 

Bei Rückfragen stehen wir Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung.

Katharina Winand

Rechtsanwältin

ERBSCHAFTS-FUNDRAISING

Die Dinge regeln, die einem wichtig sind

„Es ist eine große Lebensaufgabe zu sterben“, schreibt Hildegard Willmann, Autorin des Buches „Trauer: Forschung und Praxis verbinden“.

Die wenigsten Menschen beschäftigen sich von allein mit dem Thema, so ihre Erfahrung. Die Frage, was einmal kommt, wenn sich die Tür des Lebens schließt, verunsichert oft, denn niemand kann sie wirklich beantworten. Doch die Planung, was von unserem Leben bleiben soll, liegt in unserer Hand: Wir können selbst darüber entscheiden.

Viele Menschen haben sich zeitlebens für andere eingesetzt. Sie wollen auch über ihr Lebensende hinaus Gutes bewirken. Darum ist es ihnen wichtig, mit ihrem Nachlass dazu beizutragen, dass sich Not leidende Menschen ein Leben in Würde aufbauen können. Ein Expertin-Interview.

Frau Winand, warum ist es so wichtig, seinen Nachlass zu regeln?

RA Winand: Wenn ich nichts regele, dann gilt automatisch die gesetzliche Erbfolge. Und das ist oft nicht das Gewünschte. In Zeiten, in denen Familien auseinanderbrechen, Ehen geschieden werden und viele Menschen überzeugt als Single leben, wird riskiert, dass das Erbe in die falschen Hände gerät. Stellen Sie sich zum Beispiel folgende Konstellation vor: Ein vermögender Mann, der mit seiner Lebensgefährtin zusammenlebt und keine eigenen Kinder hat, ist mit seinen Eltern zerstritten. Er verstirbt plötzlich bei einem Autounfall. Ohne Testament erben nun automatisch die Eltern als gesetzliche Erben sein gesamtes Vermögen. Die Lebensgefährtin, die der Verstorbene sehr liebte, muss innerhalb kurzer Zeit aus dem Haus des Verstorbenen ausziehen und hat keinerlei Ansprüche auf die Hinterlassenschaften des Verstorbenen. Deshalb ist es immer ratsam, dasjenige zu regeln, was einem selbst wichtig ist.

Kein einfacher Schritt für viele Menschen. Aus Ihrer Erfahrung: Was ist der Grund, warum viele Menschen dem Thema Nachlassregelung aus dem Weg gehen?

RA Winand: Nun ja, kaum jemand beschäftigt sich gerne mit seinem eigenen Tod. Und zudem vertrauen die meisten Deutschen auf das Gesetz oder auf den Spruch aus dem Volksmund „Alles verjubelt, nichts verschenkt – das ist das beste Testament.“ Doch dass das nicht immer der beste Rat ist, zeigt schon obiges Beispiel.

Welches Erlebnis hat Sie in Ihrem Berufsalltag persönlich am meisten bewegt?

RA Winand: Besonders tragisch finde ich formunwirksame Testamente, da hier der Verstorbene ja glaubte, alles richtig geregelt zu haben. Dann zusehen zu müssen, dass aufgrund eines Formfehlers doch die gesetzliche Erbfolge eintritt, trifft die eigentlich Bedachten hart. Diese Falle findet man leider sehr häufig – neben solchen, in denen handschriftlich verfasste wirksame Testamente „nicht aufgefunden werden“.

Was empfehlen Sie Menschen, die darüber nachdenken, ob sie ihren Nachlass einer gemeinnützigen Organisation wie der ANDHERI HILFE zugutekommen lassen möchten?

RA Winand: Meist haben die Menschen neben dem Wunsch, mit ihrem Vermögen etwas Gutes zu bewirken, auch eigene Bedürfnisse und Wunsche, die bedacht werden sollten. Hier ist eine gute Beratung unabdingbar. Ich empfehle, mit der jeweiligen Organisation Kontakt aufzunehmen und ein gemeinsames Zielgespräch zu führen.

Und wenn ich es mir anders überlege: In welchem Abstand sollte ich meine Entscheidung überprüfen?

RA Winand: Ratsam ist, ein Testament alle 1-2 Jahre auf seine Aktualität zu überprüfen und ggfs. an neue Lebenssituationen anzupassen.

Vielen Dank für das Gespräch.

Zur Person: Katharina Winand ist geschäftsführende Rechtsanwältin bei der Kanzlei BWLC Rechtsanwälte in Niederkassel und zugleich zertifizierte Testamentsvollstreckerin (AGT). Gemeinsam mit ihrem Geschäftspartner Harald Braschoß, welcher sein Fachwissen zu den steuerrechtlichen Aspekten einbringt, berät Frau Winand die ANDHERI HILFE im Bereich unterschiedlicher Nachlassregelungen. Sie stehen als Referenten auch bei Informationsveranstaltungen Rede und Antwort.

Ihre Anliegen sind unser Auftrag! Gern begleiten wir Sie in Ihren Überlegungen, wie sich Ihr Mitempfinden, Ihre Solidarität mit den Ärmsten über Ihre Lebenszeit hinaus weiterfuhren lasst – sei es durch Ihr Erbe, ein Vermächtnis oder eine (Zu-)Stiftung. Ob Sie Kindern in Not eine Zukunftschance, blinden Menschen das Augenlicht schenken wollen oder ob Sie unterprivilegierten Frauen zu Würde und Recht verhelfen möchten.

Gerne stehen wir Ihnen auch zu einem persönlichen Gespräch zur Verfügung. Rufen Sie uns an, oder schreiben Sie uns. Wir sind gerne für Sie da.

Elvira Greiner, 1. Vorsitzende der ANDHERI HILFE, Kontakt: , Telefon: 0228 926525-33.